„… und als ihnen übers Jahr ein Kindlein geboren wurde, da schien ihr Glück vollkommen,“ so heißt es beim Aschenputtel, wenn sich Verwicklung am Ende in eitel Sonnenschein auflöst. Aber da, wo Märchen enden, beginnt der reale, oft anstrengende Familienalltag.
Nichts verkörpert den Sinn des Lebens deutlicher als die Geburt eines Kindes. Aus Zweisamkeit wird Familie, damit einhergehend erfahren die Eltern eine neue Form von Glück und Liebe, aber ebenso von Stress und Verantwortung.
Eine neue Ebene der Beziehung
Nicht immer ist das Elternwerden so romantisch und harmonisch wie es oft dargestellt wird. Mit der Geburt des ersten Kindes werden Paare mit einer weiteren Beziehungsebene, der Elternebene, konfrontiert. Diese hat einerseits sehr idealistische Aspekte, andererseits holt einen die Realität des Alltags schnell ein und die Bewältigung der neuen Aufgaben und Herausforderungen kann zur echten Belastungsprüfung für jedes Beziehungskonstrukt werden.
Erschöpfung, Selbstzweifel und das Gefühl, der Elternrolle nicht gewachsen zu sein, Ärger über die ungerechte Aufteilung der Hausarbeit, finanzielle Sorgen, Zukunftsängste … die Liste der Dinge, die einem neben dem schreienden Baby schlaflose Nächte bereiten, ist lang. Um so wichtiger ist es, dass das Paar auch auf dieser Ebene Verständnis füreinander aufbringt, was angesichts der zunächst ungewohnten Situation nicht immer ganz einfach ist.
Es ist nicht alles eitel Sonnenschein
Ob absolutes Wunschkind oder spontane Überraschung: Ein Baby krempelt das Leben eines Paares erst einmal völlig um. Es lässt Gefühle entstehen, die man bisher nur anhand von Schilderungen anderer Eltern erahnen konnte. Das „Problem“: diese Schilderungen sind oft sehr schillernd und malerisch, denn wer gibt schon gerne zu, dass er mit dem Elterndasein überfordert ist?
„Ich habe das Gefühl, meiner Frau seit der Geburt unseres Kindes nicht mehr wichtig zu sein. Wie soll das weitergehen, wenn das nach so kurzer Zeit unserer Ehe schon so ist?“ oder „Ich verstehe das Verhalten meines Mannes überhaupt nicht mehr. Es ist doch auch sein Kind. Wenn man sich für ein Kind entscheidet, weiß man doch, dass das erst mal das Wichtigste sein wird.“ – das sind nur zwei Beispiele für mögliche Aussagen von Eltern, die auf ein Problem hindeuten, mit dem sich meine Klienten immer wieder konfrontiert sehen.
„Auf Wiedersehen Exklusivität“
Besonders die Väter haben mit der Tatsache zu kämpfen, dass plötzlich ein „Dritter“ da ist, der die Partnerin vollkommen für sich beansprucht. Die Exklusivität der Paarbeziehung ist nicht mehr da. Die Zeit und die Aufmerksamkeit der Partnerin und Mutter gilt fast ausschließlich ihrem Kind.
Für dieses Problem gibt es keine Patentlösung, obgleich ich sehr häufig junge Eltern vor mir sitzen habe, die genau dieses Thema beschäftigt. Wichtig ist, dass die Konzentration auf das Kind von den Partnern nicht als Ablehnung oder Zurückweisung angesehen wird.
Natürlich sind gerade die ersten Wochen und Monate eine große Herausforderung für beide Elternteile, aber sie wachsen mit ihren Aufgaben und lernen, den Alltag mit Kind zu bewältigen. Die Paarbeziehung wird für einen gewissen Zeitraum unweigerlich auf Eis gelegt. Es gilt also in beiderseitigem Interesse, die Beziehung nach und nach wieder „aufzutauen“.
Die Beziehung vom Eis nehmen
Normalerweise kehrt einige Zeit nach der Geburt Routine und mehr Sicherheit ein, was auch bedeutet, dass die Zeit für und die Konzentration auf den Partner wieder zunimmt. Hilfreich ist es, sich bewusst Freiräume zu schaffen, Verabredungen zu treffen und „Dates für Intimitäten“ auszumachen – auch, wenn sich das vielleicht erst einmal komisch anfühlt.
Diese Form des „Wieder-zueinander-findens“ kann einen gewissen Reiz haben und erinnert zuweilen vielleicht auch an die Anfangszeiten der Beziehung. Sich diesen Liebesmythos aufrecht zu erhalten oder wieder zurück zu holen kann durchaus unterstützend wirken. Gelingt einem Paar dieser Schritt nicht und kommt es zu immer wiederkehrenden Vorwürfen, Streitigkeiten oder gar Entfremdung, kann eine Beratung hilfreich sein. Sprechen Sie mich an!